Für den Erhalt privater Musik-, Ballett- und Kunstschulen – kein Wegfall der Steuerbefreiung ab 2025

Wenn Sie eine private Ballettschule, Kunst- oder Musikschule betreiben, drohen Ihnen ab 2025 ernste Schwierigkeiten.

Bitte unterstützen Sie deshalb die Petition zum Erhalt der Umsatzsteuer-Befreiung für private Bildungseinrichtungen.

Initiator der Petition ist die »Schule für künstlerischen Bühnentanz BW«.

Der nachfolgende Text stellt unsere Sichtweise dar und ist eine Argumentation für die Petition.
Sie können den Text gerne kopieren und mit Quellenangabe weiterverbreiten.

Worum geht es?

Die deutsche Gesetzgebung, hier in Form des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags, plant die Abschaffung der Umsatzsteuer-Befreiung für private Bildungseinrichtungen wie z.B. Musik-, Kunst- und Ballettschulen ab 01.01.2025.

Der dafür relevante Paragraf 4 Nr. 21 UStG soll komplett neu gefasst werden. Im Ergebnis der Neufassung wären nur noch Bildungseinrichtungen der öffentlichen Hand steuerbefreit – das sind genau jene, die ohnehin schon einen wettbewerbsverzerrenden Vorteil besitzen, da sie durch öffentliche Mittel zumindest mitfinanziert werden und daher nicht kostendeckend arbeiten müssen.

Warum muss die Reform des § 4 Nr 21 UStG verhindert werden?

Die Folgen dieser Reform wären katastrophal. Die ab 2025 fällige Umsatzsteuer müsste bei den privaten Anbietern auf den Preis aufgeschlagen werden. Infolge dieser erheblichen Kostensteigerung könnten sich dann nur noch gut betuchte Familien den Ballett- oder Musikunterricht für ihre Kinder leisten. Wer nur durchschnittlich oder weniger verdient, bleibt außen vor. Das ist ein (weiterer) großer Schritt in Richtung der Spaltung unserer Gesellschaft.

Die betroffenen Bildungsangebote sind insbesondere für Kinder unschätzbar wertvoll für eine Entwicklung zu ausgeglichenen, selbstbewussten und vielseitig interessierten Persönlichkeiten. Musischer Unterricht verbessert soziale Kompetenzen, fördert Konzentration und ist – wissenschaftlich nachweisbar – von enormer Bedeutung für die Entwicklung des Gehirns. Bezahlbarer musisch-künstlerischer Unterricht ist genau das, was in Zeiten von TikTok, Bildungsschwächen und immer weniger sozialem Miteinander dringend gebraucht wird.

Die ernsten Folgen für Sie als privater Anbieter von Ballett-, Kunst- oder Musikunterricht

Die im ersten Moment naheliegende Idee, die Preise nicht anzupassen und trotzdem die Umsatzsteuer abzuführen, funktioniert nicht, weil so gut wie alle Ballett- und Musikschulen bereits jetzt am Kostenlimit angekommen sind. Mindestlohn, steigende Energiepreise, Inflation und Belastungen durch die Rückzahlung von Corona-Krediten führen bereits jetzt zu nur minimalen Gewinnen (wenn überhaupt) in den Unternehmen. Ein Abzug der Umsatzsteuer von den Einnahmen ohne entsprechende Preiserhöhungen würde für die meisten privaten Bildungseinrichtungen das Aus bedeuten.

Die jetzt schon vorhandene Wettbewerbsverzerrung zwischen privaten und öffentlichen Bildungseinrichtungen wird durch die geplante Reform deutlich verschärft. In der Neufassung wird nämlich außerdem festgelegt, dass die Steuerbefreiung für öffentliche Einrichtungen nur dann gilt, wenn diese Schulen keine Gewinnerzielung beabsichtigen. Das bedeutet in der Praxis, dass diese Einrichtungen ihre Preise auf keinen Fall in gleicher Weise erhöhen werden, um eben nicht in den Verdacht der Gewinnerzielungsabsicht zu geraten. Infolge des dann extremen Preisgefälles werden die bisherigen privaten Anbieter keine andere Chance am Markt haben, als sich zu »Luxus-Anbietern« für eine sehr kleine Kundengruppe umzubauen. Es ist klar, dass davon aufgrund der viel kleineren Zielgruppe nur einzelne überleben werden.

Die wenigen öffentlichen Einrichtungen werden die freiwerdenden Kundengruppen, die sich den Luxus-Unterricht nicht leisten können, schon kapazitätsmäßig nicht auffangen können.

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Bitte unterstützen Sie die Petition zum Erhalt der Umsatzsteuer-Befreiung für private Bildungseinrichtungen. Es ist in Ihrem eigenen Interesse und enorm wichtig!

Warum das »Argument« nicht greift, es wäre eine EU-Vorgabe

Als Begründung für die Notwendigkeit der Reform wird angeführt, dass die bisherigen Regelungen gegen EU-Richtlinien verstoßen. Das ist richtig, aber an anderer Stelle. Die EU-Richtlinien sehen vor allem Mängel bei den Begriffsdefinitionen sowie beim derzeitigen Verfahren in Deutschland, die Steuerbefreiung für private Einrichtungen durch Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde zu erreichen, die – kurz gesagt – die für eine berufsvorbereitende Ausbildung notwendige Qualität des Unterrichts nachweist.

Die EU-Richtlinie 2006/112/EG, auf die sich die Reform bezieht, sieht in Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i eine Steuerbefreiung für Bildungseinrichtungen vor. Die EU-Richtlinie lässt den Mitgliedsstaaten dabei einen gewissen Spielraum bei der Ausgestaltung der Steuerbefreiung. Es werden ausdrücklich auch »andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung« genannt. Die EU-Richtlinie fordert also nicht, dass nur öffentliche Einrichtungen steuerbefreit sein dürfen.

Es muss vermutet werden, dass hier eine Gelegenheit für mehr Steuereinnahmen genutzt werden soll – Steuern, die der Staat an anderer Stelle mit vollen Händen für oft sinnfreie »Projekte« verschleudert...

Angebliche Neutralität durch Vorsteuer-Abzug

Befürworter der Reform – in der Regel Steuerexperten ohne Branchenbezug und ohne Kenntnisse der Situation der betroffenen Unternehmen – führen an, dass mit der Besteuerung ja gleichzeitig auch der Vorsteuer-Abzug für diese Unternehmen eintreten würde. Dazu sind zwei Dinge zu sagen:

  1. In jedem auf Wirtschaftlichkeit bedachten Betrieb sollte die Summe der abzuführenden Umsatzsteuer immer deutlich höher sein sollte, als die Vorsteuer. Die Umsatzsteuer ist ein Durchlaufposten, der dem Unternehmen keinen Ertrag bringt. Das sollten Steuerberater eigentlich wissen, weswegen dieser Einwand nur als Zynismus betrachtet werden kann.
  2. Viele Ballett- und Musikschulen haben kaum vorsteuer-relevante Kosten. Die beiden größten Kostenpositionen sind freiberufliche oder angestellte Tanz- bzw. Musikpädagogen sowie die Raummiete. Freiberufliche Lehrer sind zu 99% nach § 19 UStG steuerbefreit. Für angestellte Mitarbeiter wird »von Haus aus« keine Umsatzsteuer fällig. Bleiben die Kosten für die Raum-Miete. Diese ist häufig ebenfalls steuerfrei, weil sich private Ballett- und Musikschulen aufgrund der bisherigen Regelungen natürlich bevorzugt Vermieter gesucht haben, die ohne USt-Option vermieten.

In Ballett- und Musikschulen gibt es typischerweise kaum Wareneinkauf, fast keine Reisekosten oder sonstwelche nennenswerten Kosten, die ab 2025 einen Vorteil durch den Vorsteuer-Abzug bringen könnten.

In Summe wird ab 2025 die abzuführende Umsatzsteuer um ein Vielfaches höher sein als die abziehbare Vorsteuer, wenn die Verbraucherpreise nicht angepasst werden.

Unsere einzige Chance, dieses Horror-Szenario zu vermeiden, ist die Unterstützung der Petition zum Erhalt der Umsatzsteuer-Befreiung für private Bildungseinrichtungen:

Eu-Richtlinie nur vorgeschoben

Laut EU-Richtlinie sind u.a. von der Umsatzsteuer zu befreien:

Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung.

Eine Besteuerung privater Bildungseinrichtungen wird vom EU-Recht nicht gefordert – an dieser Stelle schießt der Gesetzentwurf über das Ziel hinaus. Auch das im deutschen Gesetzesentwurf maßgebliche Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht bzw. dessen Fehlen spielt in der EU-Richtlinie keine Rolle. Die EU-Richtlinie fordert lediglich, dass die Bildungseinrichtungen eine anerkannte vergleichbare Zielsetzung haben. Das ist bei privaten Ballett- und Musikschulen unstrittig der Fall und wird spätestens durch die derzeit üblich Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde bestätigt.